"Finanzakteure haben uns enteignet"

Der Finanzsektor nützt sehr konsequent seine Chancen, die Staaten gegeneinander auszuspielen und holt für sich schon wieder absurde Renditen aus dem Spiel heraus. Nur wenn sich die Staaten völlig koordiniert gegen diese Prozesse stellten, hätten sie eine Chance.

Im Bankensektor wird viel zu viel Geld verdient.

Es darf keine Möglichkeiten geben, sich in Steueroasen zurückzuziehen. Alle Wertschöpfungsprozesse müssen vernünftig besteuert werden. Und exorbitante Einkünfte müssen exorbitant versteuert werden - meiner Meinung nach sollten alle Finanztransaktionen besteuert werden. Und es sollte eine Steuer auf alle Börsegeschäfte geben. Für besonders wichtig halte ich die Money Leverage Tax. Das ist eine Steuer auf Kredite für am besten bewertete Kreditnehmer.

Deshalb votiere ich dafür, dass wir die Wertschöpfung aus diesen Volumina so besteuern, dass wir aus dieser Besteuerung die Schulden zurückführen können. Wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir zu anderen Maßnahmen greifen müssen. Die Betroffenen werden dann bitten, dass dies geschieht. Denn wenn Staaten kollabieren, dann kollabiert das Eigentum sowieso. Da, wo das meiste Geld ist, muss man also jedenfalls funktionierende Staaten haben. Solang man Griechenland gegen Deutschland ausspielen kann, oder die USA gegen Japan, funktioniert das. Wenn aber alle Betroffene sind, kann man sich nirgendwo mehr hinretten. Das ist dann die Stunde der Wahrheit.

Die hohe Verschuldung der Staaten ist auch eine Folge eines unerklärten Ringens zwischen leistungsstarken Akteuren, die keine Steuern zahlen und den Staaten, die sie aber brauchen, damit ihre Werte einen Wert haben. Jene, die die größten Vermögen halten, zahlen nicht genug für den Erhalt des Systems, das die Voraussetzung dafür ist, dass es diese Vermögen gibt. Die wollen, dass der Mittelstand das bezahlt und dann pokern sie noch gegen den Mittelstand und saugen Geld raus. Das, was heute abläuft, ist ein gigantisches Enteignungsprogramm der Spitze der Vermögensstruktur zu Lasten des Mittelstandes.

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G emeinschaftliches
W irtschaften mit
N achhaltigkeit

Die Staaten mussten sich verschulden, und zwar bei den privaten Banken. Warum? Weil sie soeben die privaten Banken und Fonds aus ihren prekären Engagements heraushauen und vor dem Bankrott bewahren mussten. Zum Dank müssen die Staaten den privaten Banken viel höhere Zinsen zahlen als die Banken bei der Zentralbank für das Geld entrichten, das sie einer anderen öffentlichen Einrichtung – den Regierungen – leihen. Das ist pervers.
Elmar Altvater, in: >
Vom Griechen lernen!

Textstellen entnommen aus
dem gleichnamigen >
SN-Interview
von Karin Zauner mit
>
Franz Josef Radermacher,
erschienen am 5. Mai 2010, Seite 13