|
An der Kreativität interessiert mich besonders ihre gestaltende
Einflussnahme auf Strukturen und der damit möglichen, auch
bewusst planbaren Befreiung von Notwendigkeiten. Zwei prominente
und in ihrem Vorgehen, von ihrer akademischen (Nicht-)Ausbildung
her sehr unterschiedliche Vertreter innovativen, strukturverändernden
Denkens möchte ich dabei zu "Wort" kommen lassen:
Albertus Magnus und Peter A. Bruck. Der Erstgenannte lebte im
12. und 13. Jhdt., war Dominikaner und versuchte mehr von außen
systemverändernd zu wirken. Akademische Würden wurden
ihm erst über 50-jährig h.c. verliehen. Peter A. Bruck
versucht dagegen u. a. als "Medienprofessor" Strukturen mehr von
innen her zu verändern.
Rudolf Baumgardt in: Der Magier - Das Leben des Albertus Magnus,
München: Funck, 1949, S 108 f:
Worin jedoch besteht die albertinische Lehre? Er hat, wie
es auf den Universitäten gebräuchlich geworden ist,
damit begonnen, die Antike zu erwecken, er ist bemüht gewesen,
das philosophische Gedankengut aus der Tradition herauszuschälen
und ihm einen moderneren Inhalt zu verleihen. Ganz von allein
und ohne jede Willkür hat sich dabei der Kreis seiner Betrachtung
stets mehr erweitert, und die Erfahrungen, die er unter den Menschen
wie auch in Busch und Flur auf der Reise zu sammeln vermochte,
dehnen den Umfang des umklammernden Ringes immer stärker
zu einer schier unermeßlich werdenden Fläche. Auf
ihr präsentieren sich alle Wissensgebiete, die einem Denkenden
möglich sind.
Am Anfang seiner Meditation hat das in der Natur Erblickbare,
das aus ihr mit nachsinnendem Eifer zu Verdeutlichende gestanden.
Es war mitunter schlicht, bisweilen beweisbar, nicht immer mit
den Fingern, manchmal nur mit einem kühnen Schluß
des Verstandes zu greifen. Sein Experiment ist nicht dahin gegangen,
ob man die Natur überspielen, sondern dahin, ob man sie
imitieren könne.
Man vermag sie nicht nachzuahmen. Wo es einem scheinbar gelingt,
entsteht doch etwas anderes, ein menschengebundenes Werk, das
der Natur sogar hier und da überlegen sein mag, ihr aber
im wesentlichen, in der Quelle einer sich immer selbsterneuernden
Energie unterliegen muß. Diese Energiequelle freilich leitet
bereits zu einer ferneren Überlegung hin.
Denn wenn sie vorhanden ist - und ihre Existenz, aus der Wachstum
und Werden, Geburt wie Vergehen gleichermaßen gespeist
sind, kann man ernsthaft kaum leugnen -, muß auch die Seele
darin ihren Ursprung haben. Dann aber ist das, was wir gemeinhin
Unsterblichkeit nennen, eine ewige Rückkehr in das Natürliche.
Und der Mensch lebt nicht in einem gedachten Paradiese fort,
sondern auf dem realen Boden, den sein Leib betrat, in mir, in
dir, in uns, den Heutigen, in den morgen Kommenden.
Peter A. Bruck äußert sich selbst, in einem Interview
mit Peter Illetschko, Der
Standard, 22. 4. 2003, S 12 antwortet er auf die Frage: Hierzulande
begegnet man Wissenschaftern skeptisch, die so denken und arbeiten.
Warum?:
In Österreich haben wir eine sehr stark auf institutionelle
Zugehörigkeit hin orientierte Absicherung von Menschen.
Wenn sie bei einer Organisation arbeiten, werden sie belohnt,
wenn sie lange dort sind. Bestandsdenken führt jedoch dazu,
dass Menschen Energie, Freude und Impulse verlieren. Ich habe
einen hohen Respekt davor, wie viel Produktivität Wissenschafter
in Österreich mit relativ schwierigen Strukturvoraussetzungen
an den Tag legen. Jedoch ist es auch so, dass veraltete Strukturen
in den Leuten leben, und da muss man auch sagen, dass es leider
genug gibt, die auch andere in ihrer Entwicklung behindern.
|
|