Die Stundenplan-Fetischisten
Wie Kreativität an unseren Schulen systematisch verhindert
wird
Die derzeit heftig diskutierte Forderung nach der 45-Minuten-Unterrichtsstunde
zeigt ungewollt die Systemfehler unserer Bildungseinrichtungen
auf. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen - und ich glaube,
auch unsere beruflichen Erfahrungen - zeigen, dass Kinder in
unserem System lerntechnisch nicht gefördert werden. Maximal
20 Minuten einiger Stunden sind wirklich nützlich. Der Rest
dient dem Systemdrill. Und der "Denkbehinderung". Ein
gewisser "von Bartenstein" hat die Stundenpläne
der Kinder Maria Theresias gebaut. Er ging von 30-minütigen
Einheiten aus. Und das vor rund 250 Jahren!
Wem ist eigentlich diese kinderfeindliche Organisationsstruktur
unserer Bildungseinrichtungen eingefallen? Wer verantwortet diese
Schwachsinn zum Quadrat: 50 Minuten Geschichte, 50 Minuten Mathematik,
50 Minuten Deutsch usw.?
Gegen jede wissenschaftliche Lerntheorie, gegen alle Grundsätze
der Gesundheitserziehung (Haltungsturnen soll dann helfen?!),
gegen alle Erkenntnisse der Gruppendynamik werden junge Menschen
in unseren Schulen am Lernen gehindert. In der Entfaltung ihrer
Persönlichkeit behindert. Die Ausbildung sozialer Kompetenzen
verhindert. Es wird gehindert, verhindert, behindert! Nicht gefördert,
ermöglicht, erlaubt.
In Schulgebäuden, die wie Wohnhäuser konzipiert
sind, werden Kinder in Gruppen zu 20 bis 30 Schülern "gehalten".
Bildungs-Legebatterien eines kinderfeindlichen Systems, erfunden,
um zu disziplinieren, um freie Gedanken, kreative Ideen und kritische
Bürger zu verhindern. Das mag im ausgehenden 19. Jahrhundert
dem Staat gedient haben. Heute wird ein unpassendes System zu
unpassenden Ergebnissen führen.