Nach dem 11. September sprach man vom entsicherten Leben.
Hat der Terror die von Ihnen skizzierten Angstphänomene
nicht verstärkt?
Strasser: Die Angst, von der ich spreche, hat nichts
zu tun mit Managern, die sich vorm Fliegen fürchten. Ich
meine die ganz normale Lebensangst: Dass der Tag beginnt und
du hast wieder deinen Mann zu stellen. Unsere Gesellschaft hat
als Utopie nichts mehr anderes anzubieten als die Vorstellung
eines glücklichen Lebens, das man in Frieden zu Ende leben
kann. Alle anderen Ideen haben wir in der säkularisierten
Welt abgelegt. Die Glücksidee, die wir haben, wird aber
durch die ökonomische Beschleunigung konterkariert, die
aus den Menschen Ameisen macht.
Sie meinen, Sisyphos muss seinen Stein immer rascher wälzen,
bis er von ihm überrollt wird?
Strasser: Die Menschen sind immer weniger selbstbestimmt.
Sie glauben, alles möglichst rasch tun zu müssen, um
glücklich zu sein. Wenn man dann aber auch noch fürchtet,
seiner Umwelt nicht gerecht zu werden, dann wird die Gesamtbilanz
des Lebens irgendwie schizophren und irrsinnig. Die entscheidende
Frage der Zukunft wird also sein, ob wir die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen schaffen können, um zumindest das Minimalziel,
glücklich zu sein, zu erreichen.