Im Artikel
"Erinnerung an Enron" schrieb Michael Bachner am 1.
12. 2003 auf Seite 24 in der österreichischen Tageszeitung
Der Standard folgenden Kommentar anlässlich der aktuellen
Vorkommnisse rund um den nachbörslichen Handel in der Fondsbranche:
Der New Yorker
Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer, der Anfang September erstmals
einen US-Hedgefonds beschuldigte, auf illegale Weise mit Investmentfondsanteilen
zu handeln, hat eine Lawine ins Rollen gebracht. Die USA haben
einen neuen handfesten Wirtschaftsskandal, der, wächst er
sich aus, zu einem immensen Vertrauensverlust bei Anlegern führen
könnte. Bis dato halten sich die Auswirkungen noch in überschaubaren
Grenzen. Doch etliche Experten befürchten, dass die Ermittler
erst an der Spitze eines Eisberges kratzen.
Unter Kritikern
gilt die Fondsbranche seit längerem als klassische Abzocker-Industrie,
wo zehn Prozent Große jene Gewinne absahnen, für die
90 Prozent Kleine ihr Geld verbrennen. Sehr fragil könnte
das Gesamtsystem werden, wenn die ersten großen Pensionsinvestmentfonds
in den Geruch illegaler Handelspraktiken kommen.
Doch wer will
schon den Teufel an die Wand malen? Da wird lieber eine Verschwörungstheorie
konsumiert: Könnte es nicht sein, wird im Internet gefragt,
dass die Bush-Administration absichtlich ein paar Fondsmanager
über die Klinge springen lässt, um die Amerikaner vom
kunjunkturdämpfenden (Fonds-)Sparen abzuhalten und den Privatkonsum
vor den Präsidentenwahlen anzuheizen? Ein klares Nein dazu.
Nicht um ein
paar schwarze Schafe geht es hier, sondern, wie zu besten Enron-Zeiten,
um einen Systemfehler: absurd hohe Renditeversprechen, ein völlig
überbesetzter Markt, Belohnungen für Raffgier und Ausreizen
aller Gesetzeslücken.
Diesem Systemfehler
muss die Politik mit scharfen Vorschriften auf den Pelz rücken.
Nur auf die Selbstreinigungskraft des Marktes zu setzen hieße,
solchen Entwicklungen neuen Vorschub zu leisten.
zurück