Die Freiheit,
die ICH meine!
Es heißt,
unsere Freiheiten enden dort, wo sie anderen Schaden zufügen
oder zufügen könnten. Doch wie sieht es dabei mit der
selbst auferlegten Knechtschaft aus, der wir uns durch das Festhalten,
ja zunehmend stärker werdendes Festklammern an ein kapitalistisches
Wirtschaftssystem ausliefern? Offenbar wird dieser Zusammenhang
nicht erst durch die Paarung von zwei Glaubensrichtungen im Rahmen
der Wahl der Regierung Bush II, aber hier tritt er besonders
augenscheinlich zutage: Die Zahlengläubigkeit verschmilzt in einem
alptraumhaft grotesken Wahlkampf mit dem Glauben an die personifizierte
göttliche Gewalt. Die Verblendung ist hausgemacht. Denn
so wie der christliche Gott keinen Krieg gegen andere gut heißen
würde, so würde er auch keinen Krieg gegen sich selbst
in Form wirtschaftlicher Ausbeutung akzeptieren! Und das in einem
Staatenverbund, in dem die sogenannte
Freiheit
so hoch gelobt wird.
In der Reihe
"Herausforderung Wirtschaft" schrieb Beatrice Uerlings
unter dem Titel "Schmerzende Einschnitte am Herzstück
der US-Jobmaschine" am 8. Nov. 2004 in Der
Standard,
S 15: "Laut University of Washington verdienen neunzig Prozent
der Arbeitnehmer heute weniger Geld als vor zwanzig Jahren. Zwei
Drittel brauchen einen Zweitjob, um sich und ihre Familie über
Wasser zu halten.
Was Bush II tun will: ... Er will ganz Corporate America mit
permanenten Steuersenkungen beglücken. Eine Anhebung des
Mindestlohnes, der bei 5,15 Dollar pro Stunde und verglichen
mit der Kaufkraft um 40 Prozent niedriger als 1967 liegt, ist
nicht vorgesehen."
Bleibt nur zu
hoffen, dass die schmerzenden Einschnitte zu einem sanften Erwachen
aus der selbst inszenierten Scheinwelt führen werden. Doch
im Verteilungskampf um die besseren Positionen war uns das Hemd
immer schon näher als der Rock und so bleibt auch der folgende
Versuch, "wirtschaftliche Freiheiten als Basisfreiheiten
in einer globalen, sozialkapitalistischen Werte-Gemeinschaft"
durch geläutertes Erkennen lebendig werden zu lassen weiter
ohne Hoffnung auf Breitenwirkung - zu ihren Erscheinungsformen
zähle ich:
a) Hierarchie-Freiheit:
Wirtschaftliche Macht ist annähernd gleichverteilt
b) Erwartungs-Freiheit:
Wer Geld gibt ermöglicht durch Beteiligung oder Schenken,
ohne dafür etwas zu erwarten
c) Zahlen-Freiheit:
Diese ergibt sich auch aus den beiden anderen Freiheiten und
bewirkt einen reflektierten Umgang mit Zahlen, wodurch der Blick
frei wird auf Werte - die durch die Zahlengläubigkeit z. B. in Form von Pyramidenspielen
inkl. marktwirtschaftlicher Akkumulationen, Wirtschaftswachstum
etc. bislang weitestgehend ausgeblendet werden - durch die ein
selbstbestimmtes Leben in Gemeinschaft unter Gleichen möglich
wird.
Doch wie sollte
dieses Verständnis von wirtschaftlicher Freiheit auch Aussicht
auf Erfolg haben, wenn wir auf unseren Wegen dort hin über
sogenannte Ethikfonds stolpern, die die oben erwähnte
Glaubensgemeinschaft perfekt verkörpern? Denn durch die
Veranlagung in Bundesanleihen, Banken- und Versicherungstiteln
allgemeiner Art lässt sich letzten Endes nicht festlegen,
wo das investierte Ersparte durch welche ARBEIT vermehrt
wird!
So bleiben alternative
Angebote auch weiterhin ein Minderheitenprogramm. Und es bleibt
zu hoffen, dass der wirtschaftliche Leidensdruck noch weiter
zunimmt bei gleichzeitigem [Nischen-]Wachstum ganzheitlich-egalitärer
Alternativen. Gäbe es einen Markt dafür: diese
Hoffnung hätte die bessere Performance.