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Kommentierte Linkhinweise

Arno Niesner am 18. März 2012, 18:43

Arno Niesner

Beginnen wir mit einem Blick auf den Status Quo globalisierter Märkte ("Diese Wirtschaft tötet."), bevor noch weitere Handelshemmnisse abgebaut (zeit.de, 7.12.13 11:35) werden:

90.000 Euro Gewinn pro Mitarbeiter sind nicht genug (welt.de, 30.1.08)
Cayman Islands: Facebook schleust Millionenbetrag in Steueroase (faz.net, 6.12.13)

Die folgende Antwort von Magdalena Holztrattner auf die SN-Frage "Sie fordern die Globalisierung der Sozialpolitik?" muss nicht weiter kommentiert werden, sie ist selbsterklärend: "Ja, aber nicht nur. Es braucht auch eine globale Wirtschaftspolitik, um Klein- und Mittelbetriebe vor den Nachteilen der Globalisierung zu schützen. Mittelständische Unternehmen sorgen sich in der Regel mehr um ihre Angestellten und produzieren meist nachhaltiger." (SN, 9.4.2013, S 9)

HUMUS - Die vergessene Klima-Chance: Wenn Sie so wollen versinnbildlicht dieser Film die erforderlichen Anstrengungen in wirtschaftlicher Hinsicht, die es zu setzen gilt, um die durch das überbordende Konkurrenzverhalten zunehmenden Verwüstungen in sozialen Belangen vermeiden zu helfen.

Harald Wozniewski: Meudaleffekt, Geldmengenwachstum und Konjunktur. Die - räumliche ebenso wie die rechtliche - Mobilität des Finanzkapitals lässt allerdings staatliche Alleingänge zur zahlenmäßigen Einschränkung von angehäuftem Kapital nicht allzu wahrscheinlich werden. Mehr Hoffnung besteht darin, durch freiwillige Begrenzungen der Handelnden - wie zB durch Teilnahmekriterien - in Kombination mit attraktiven Angeboten die wirtschaftliche Situation von mehr Menschen zu verbessern. Dies kann gelingen, wenn die Zirkulation des Geldes in kleineren und transparenteren Wirtschaftsräumen gegenüber anonymen Märkten begünstigt wird.

Beispiele: Komplementärwährungen oder Banken, die auf Geldeinlagen keine Zinsen zahlen, wie die JAK Mitgliedsbank oder die WIR Bank (über das Zinsverbot und sein Auswirkungen auf heute: Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Guggenberger)

Geldflut half der US-Wirtschaft nicht. Dieser Artikel in Die Presse, 9. 7. 2011, S 21 verdeutlicht einmal mehr, wie irrelevant die täglich gezeigten Fieberkurven aggregierter Zahlenwerte für die auf Vertrauen in die gemeinsamen wirtschaftlichen Anstrengungen basierende Prosperität sind. Auch eine noch so arbeitsteilig, also global organisierte Wirtschaft aus vielen, oftmals distanzierten Individuen baut sich "von unten" auf und lässt bei Abwesenheit von Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft sogar Nonnen Geld ins Ausland schaffen.

Arno Gruen über das Ausarten der Nicht-Liebe, Entfremdung und den Trieb nach Größe. Gruen in Der Kampf um die Demokratie: „Ich denke, unser großes Problem und unsere große Aufgabe besteht darin, dass wir versuchen müssen, die Menschen in der Mitte zu erreichen, die Menschen also, die in ihrer Kindheit Bejahung und Verneinung erfahren haben und deswegen voller Konflikte gegenüber ihrer eigenen Freiheit sind. Diesen Menschen gegenüber müssen wir aufmerksam sein und ihre positiven inneren Anteile bestätigen und bestärken. Darin, denke ich, besteht die wahre Arbeit, um Demokratie aufrecht zu erhalten.“

Heini Staudinger spricht in Goldegg über seine 5 Thesen für Mutige.

Dr. C. Otto Scharmer nennt in seinem GLS-Bankspiegel-Artikel Von der Ego- zur Öko-System-Ökonomie (Ausgabe 1/2013, S 15 f) acht strukturelle Entkopplungen, die die "Krisensymptome der Gegenwart" entschärfen helfen sollen. Dazu liefert er noch einen bedeutsamen Hinweis auf die Notwendigkeit, unser Öko-System-Bewusstsein weiter zu entwickeln und entsprechende Fähigkeiten darauf aufzubauen wie zB jener des Loslassen-Könnens.

Zukunftsbudget. Ein ausgesuchter Querschnitt der österreichischen Zivilgesellschaft gibt den Regierungsverantwortlichen Hinweise, wie die "in Zahlen gegossene Politik" nachhaltiger und menschenwürdiger gestaltet werden kann. Kein heißes Thema wird dabei ausgelassen und dennoch kann mit dem Zukunftsbudget sogar ein zusätzlicher Beitrag zur Budgetsanierung dargestellt werden.

Formel Z (wie Zukunft). Wenn es um den sozialen Ausgleich in unserer Gesellschaft geht ist Heini Staudinger (Waldviertler) nie um eine Idee verlegen. Um 52 Euro netto mehr an Lohn zahlen zu können hat sein Betrieb weitere 79 Euro zu berappen. Staudinger: "Diese 79 Euro Staatsausgabe könnte ich noch akzeptieren, wenn sie noch Ärmeren zugutekäme. Aber dass damit Abfangjäger gekauft und Banken gerettet werden, da hört sich der Spaß auf.
Am selben Tag, es war ein Freitag, war irgendwo auf der Welt ein Formel-1-Rennen. Ich dachte mir: Wenn Dietrich Mateschitz für seinen Red-Bull-Rennstall Hunderte Millionen Euro als Werbeaufwand von der Stuer absetzen kann, dann können wir das auch." Sein Motto: Alle Teilnehmenden sollen gewinnen, denn "Wir wollen keine Verlierer haben". (Zitate: SN, 14.12.2013, S 19)

Thomas Piketty lieferte in seinem 2013 erschienen Werk Le capitale au XXI. siècle eine weitere, vieldiskutierte Formel: r > g, soll heißen, das Einkommen aus Kapital übersteigt das Wirtschaftswachstum und nicht genug davon, dieser Effekt wirkt auch noch stärker bei niedrigen Wachstumsraten. Die Gegensteuerung durch die von ihm vorgeschlagenen Vermögenssteuern sind allerdings nur dann zu erwarten, wenn diese international abgestimmt sind bei gleichzeitiger Trockenlegung von Steueroasen und sonstigen Schlupflöchern. Diesen Traum werden wir wohl nicht so bald realisiert sehen, weshalb der bis auf weiteres einzig gangbare Weg über die Selbststärkung der bisher Benachteiligten unausweichlich bleibt.

Literaturempfehlung als Diskussionsgrundlage: Die Wirtschaft neu denken - und entsprechend umgestalten, Hans-Peter Studer, in: Journal Franz Weber, Oktober - Dezember 2010, S 23 ff

Kathrin Fischer über den "Lehrgang" von Joel Waldfogel "in Sachen volkswirtschaftlicher Betrachtung von Geschenkverhalten": "Joel Waldfogel plädiert für Gutscheine. Und zwar für Gutscheine, die bei Nichteinlösung nach etwa zwei Jahren an Wohltätigkeitsorganisationen gehen."

Gegen die Anhebung des Pensionsantrittsalters argumentiert Gerd Bosbach mit: Produktivität schlägt Demografie. Dieser Beitrag im Deutschlandradio Kultur vom 30.10.2012 über den "Lügen mit Zahlen"-Coautor Gerd Bosbach kommentiert sich am Ende selbst: "Die Produktivität schlägt die Demografie, wenn die Umverteilung nicht die Löhne der Arbeitnehmer beschneidet. Schade, dass die Rentenkürzer der meisten Parteien dieses Wissen völlig ignorieren."

Duengung verringert Produktivität und Stabilität der Ökosysteme. Die Studie "Eutrophication weakens stabilizing effects of diversity in natural grasslands", an deren Erstellung über 100 WissenschaftlerInnen des Nutrient-Netzwerks ehrenamtlich mitgewirkt haben, zeigt laut Dr. Helmut Hillebrand von der Universität Oldenburg: "In der Konsequenz geht die stabilisierende Wirkung der Artenvielfalt verloren und macht den Portfolio-Effekt zunichte." Es wird gezeigt, dass nicht nur die Produktivität der Ökosysteme, sondern auch die Stabilität von der Artenvielfalt abhängt.
Übertragen auf die Strukturen von Marktlandschaften heißt das: wir haben die Möglichkeit uns für die Gestaltung stabilerer Wirtschaftssysteme einzusetzen, bevor nach der nächsten Krise wieder viele Unbeteiligte für andere zahlen müssen, damit die Stabilität des Gesamtsystems nicht gefährdet ist (siehe auch IWF-Studie "Redistribution, Inequality and Growth"). Andernfalls bleibt uns nur zu hoffen, dass die Kreativität, der Mut und die Handlungsmöglichkeiten des Krisenmanagements ausreichen werden, um einen Kollaps zu vermeiden. Unnötig zu erwähnen, dass auch in diesem Zusammenhang präventives Verhalten ALLEN Beteiligten nützt. Mit Sicherheit, denn Störungen sind in der Marktwirtschaft systemimmanent.

Das Wirtschaftsleben strebt darnach, sich aus seinen eigenen Kräften heraus unabhängig von Staatseinrichtungen, aber auch von staatlicher Denkweise zu gestalten. Es wird dies nur können, wenn sich, nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, Assoziationen bilden, die aus Kreisen von Konsumenten, von Handeltreibenden und Produzenten sich zusammenschließen. Durch die Verhältnisse des Lebens wird der Umfang solcher Assoziationen sich von selbst regeln.
Rudolf Steiner, Die Kernpunkte der sozialen Frage, 1919, S VIII

Nur eine große, Dezentralisierung und Selbsthilfe erstrebende Volksbewegung könnte die gegenwärtige Tendenz zur Staatsallmacht aufhalten.
Aldous Huxley, in: Schöne neue Welt, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 63. Aufl., Nov. 2005, S 16