Die ARGE oekosozialmarkt versucht, den Aufbau ausgleichender Strukturen im Sinne eines zivilen Wohlfahrtmodells zu gestalten und zu fördern. Die folgenden Zitate aus "Die franziskanische Spiritualität und eine christliche Moralökonomie" von Prof. Dr. Peter Schallenberg - seiner Einführung zur deutschen Ausgabe des Buches Zivilökonomie - verdeutlichen die Zusammenhänge und Wirkungen [1] eines entsprechenden Engagements:
Auch wenn Augustinus sein großes geschichtstheologisches Werk unter dem Eindruck der Belagerung Roms und dem absehbaren Sturz des Römischen Reiches durch das Gotenheer unter Alarich im Jahre 410, also vor einem klar umrissenen historischen Hintergrund und in politischer Absicht abfasste, muss man sich doch vor Augen führen, dass die Bürgerschaft Gottes nicht einfach identisch ist mit der sichtbaren und geschichtlich fassbaren Kirche. Vielmehr findet sich die Zugehörigkeit zu einer der beiden Bürgerschaften im forum internum, also in der unsterblichen Seele der jeweiligen Person, die zwischen den von Augustinus markierten gegensätzlichen Haltungen des uti, dem rein egoistischen Nützlichkeitsdenken, und dem frui, dem Geben und Empfangen selbstloser Liebe, wählen kann. Beide Verben als Wasserzeichen von sehr unterschiedlichen menschlichen Handlungen werden auch von Stefano Zamagni mehrfach erwähnt und angesprochen: Der Mensch ist in der Tat ein Bürger zweier Welten, der Welt der Liebe und der Welt der Konkurrenz. Gibt es zwischen diesen beiden Welten und Zivilisationen eine Vermittlung? (S 17)
Glück, nicht Zufriedenheit ist das Ziel des Menschen. In biblischer Sprache: Nicht einfachhin eine zuteilende Gerechtigkeit (mishpat) wird angestrebt, sondern eine ausgleichende und stets verbessernde Gerechtigkeit (tsedaqa), die mit deutlich messianischer Energie das strukturelle Unrecht gegenüber Menschen zu verändern sucht. (S 19)
INNEN und AUßEN ...
Papst Gelasius I. (492-496) entfaltet schließlich die augustinische Zwei-Reiche-Lehre zur Zwei-Gewalten-Lehre, und dies ist dann in der Tat neu gegenüber dem politischen Denken der heidnischen Antike, aber konsequent in der Weiterentwicklung der politischen Eschatologie des Alten Testaments. Zugleich damit entfaltet sich die Differenzierung von sakramentalem forum internum und politischem forum externum, die zwar voneinander unterschieden bleiben - und daher auch Staat und Kirche, Politik und Religion unterschieden sind - und dennoch aufeinander bezogen sind, und zwar in der augustinischen Rangfolge des Innen vor dem Außen: erst eine innere Bekehrung verwandelt die äußeren Umstände, aber zugleich stützen und ermöglichen äußere gerechte Zustände eine innere Bekehrung des Menschen zum Guten, der ohne äußere Gerechtigkeit der inneren Lieblosigkeit zum Opfer fiele. (S 23)
... sind zwei Seiten derselben Medaille
In diesem Sinne können uns VIELE GUTE Werke - beginnend mit individuellen Maßnahmen einer Zivilökonomie bis hin zu Änderungen politischer Rahmenbedingungen - darin bekräftigen, gemeinsam ein neues Wirtschaftsmodell zu begründen. Vorbilder auf dem Weg zu einer Ökonomie des fairTRAUens können sein:
- Benediktinerabteien mit ihrer "außerordentlichen Stabilität"
- individuelle Maßnahmen als Form eines "effektiven Altruismus"
- Kultur des Schenkens fördert Frieden und Empfehlungen
- Wirtschaft in Gemeinschaft als Einladung, eine Kultur des Gebens zu verbreiten
- jedes einzelne Unternehmen kann Vorbild wirkend agieren und diese aufbauende Form des Wirtschaftens auch im Kleinen erfolgreich praktizieren: zB mittels Leitlinien- mehr darüber hier
[1] Wer gezielt der Beziehungslosigkeit entgegenarbeitet, lebt so Religion, “inkarniert” sie, ob er bewusst glaubt oder nicht. (aus: Ein Miteinander-Labor als Weg aus der Krise)