Um die Mitte des 13. Jhdt. n. Chr.: Der Dominikaner Albertus Magnus und seine Zeit

Der Handel stockt, die Kaufleute wagen sich nicht auf die von den Strauchdieben verseuchten Landstraßen, wo ihre Warenzüge geplündert, sie selbst in das Verlies eines Burgturmes geworfen und oft nie, sonst nur gegen Erlegung einer hohen Summe losgelassen werden. Bei der Verknappung des Umsatzes, dem nicht länger auf normale Weise zu deckenden Bedarf schalten sich die Geldverleiher mit Wucherzinsen in die Finanzierungen ein, und mancher Schuldner ist ihnen inzwischen hörig geworden.

Die Äcker veröden. Man kann für das Getreide, für Korn und Frucht, für Vieh und andere Produkte keinen gerechten Preis mehr erzielen, es mangelt nicht an Essern, es fehlt an Käufern; die Verkehrszuleitungen, die Märkte und Absatzversorgungen funktionieren nicht, der Bauer wird von den adeligen Herren geschunden, von seinem Boden verdrängt, ins Elend gestoßen. Die Verzweifelten verlassen die Dörfer, und das Unkraut, das niemand jätet, überwächst die Gärten und die der Saaten harrenden Furchen.
Das Unkraut überwächst auch die deutschen Seelen.

Während Albertus unermüdlich über die Chausseen marschiert, erreichen ihn dringliche Rufe aus Köln. Der Konflikt, der zwischen dem Erzbischof und den Städtern schwelte, ist zum offenen Austrag gelangt.
Die Patrizier der rheinischen Metropole, unermeßlich vermögend und im Besitz erheblicher Privilegien, wünschen sich der klerikalen Bevormundung zu entwinden, und wenn auch das Siegel ihrer Gemeinde die Umschrift trägt "Das heilige Köln, mit Gottes Gnade der römischen Kirche getreue Tochter", sie wollen nicht die Kinder der geistlichen Hierarchie, sondern sich selbständig Regierende sein. Das kann ausschauen, als seien sie von der allgemeinen
Anarchie, dieser Rebellion der Einzelteile gegen das Ganze angesteckt worden, tatsächlich jedoch macht sich hier erstmalig ein viel ernsthafteres Symptom deutlich bemerkbar.

Das Erwachen eines Bürgersinns nämlich, der sich jeder andersgearteten Obrigkeit zu entziehen wünscht. Was mit der Lockerung des Staatsgefüges hinsichtlich der Fürsten begann, findet seine Fortsetzung in verbreiterten Fundamenten. Der Kampf der Städte gegen die vermeintliche Einschnürung ihrer Lebensrechte wird das Jahrhundert weit überdauern und sich gemäß einer rein merkantilen Einstellung immer stärker auf die wirtschaftliche Basis verlagern.

 
G emeinschaftliches
W irtschaften mit
N achhaltigkeit



Rudolf Baumgardt, Albertus Magnus und seine Zeit, München: Funck Verlag, 1949, S 194 f

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