Der
spekulative Gewinn (analog dem Glücksspielgewinn) garantiert
als monetäres Erfolgssignal die maximale, weil inhaltsleere
Befriedigung. Das Geld ist ein Potential, das für alles
stehen kann, eben weil es inhaltsleer ist. Der spektakuläre
Gewinn hat nur eine Grenze und ein Moment von Alterung, nämlich,
dass er durch den noch höheren spekulativen Gewinn überboten
wird.
Längst ist die Grundnorm der Finanzmärkte nicht mehr
nur in der Güterwirtschaft wirksam, sie erfasst mehr und
mehr auch andere Lebensbereiche. Eine zunehmend negative Gegenseitigkeit
bestimmt weithin unser alltägliches Leben - sowohl als Konsumenten
wie als Teilnehmer an der Wertschöpfung - als Arbeiter und
Produzenten.
...
Die Gesellschaft wandelt sich zur "Gesellschaft der Vermögensinhaber".
...
Aber ob solche Vermögen wirklich real sind, entscheidet
sich allein auf der stofflichen Seite: durch Produktion, durch
Unternehmen, weil etwas erwirtschaftet wird, das diesem Vermögen
Realität gibt. Wir können Geld nicht essen!
...
Die Finanzmärkte erzeugen Werte, deren Wert "mit Vorbehalt"
real ist, nämlich unter dem Vorbehalt, dass irgendwo produziert
und konsumiert wird, dass eine kaufkräftige Nachfrage nach
Gütern und Dienstleistungen gegeben ist.
In der Hausse vervielfacht sich das Vermögen auf den Finanzmärkten
"über Nacht". Es ist fiktiv und real zugleich.
Real "unter Vorbehalt": zum einen kann das erhöhte
"fiktive" Kapital das Kreditvolumen erhöhen; das
Geld wird in die Gütersphäre investiert oder für
Luxus verbraucht; zum anderen ist dieses erhöhte Vermögen
nur dann real, wenn es überhaupt in reale Güter und
Dienstleistungen umgesetzt werden kann. Das vervielfachte Vermögen
kann aber auch weiter in der Finanzsphäre zirkulieren, ist
also dort real wirksam; allenfalls wird es mit Verspätung
durch eine Baisse oder einen Crash auf den Finanzmärkten
"verlustig" gehen und sich so als irreal, als fiktiv
erweisen. (S 170 f) |
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G emeinschaftliches
W irtschaften mit
N achhaltigkeit |
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Früher waren wirtschaftliche
Transaktionen in hohem Ausmaß von politisch-staatlichen
Faktoren bestimmt. Und diese waren überwiegend an das Funktionieren
von Territorial- und Nationalstaaten gebunden. Ging nicht mit
dem Aufstieg der Finanzmärkte ein Schwund bzw. die Domestizierung
des politischen Einflusses einher? Anders gefragt: Ist eine Folge
der Domestizierung der Realwirtschaft durch die Finanzindustrie
die Entpolitisierung der Politik? Erweisen sich nicht eben deswegen
die politischen Akteure zunehmend als hilflos, die Anforderungen
der Staatsbürger in staatliches oder jedenfalls in öffentliches
Handeln umzusetzen? Vermögen es die Staaten deswegen nicht,
ein Konzept des "Gut-lebens" zum Politikum zu machen,
weil auch Politik zum Hilfsdienst an der Ausdehnung der Finanzindustrie
und ihrer realwirtschaftlichen Dependancen geworden ist? Werden
schwerwiegende Fragen nach Interessen und Gerechtigkeit nicht
auf einfache Geldsignale reduziert? (S 163)
Text: Kitzmüller/Büchele,
a. a. O. |