In seinem > Südwind-Artikel "ArchitektInnen unserer Zukunft" (April 2006, S 38 f) lässt > Robert Neuwirth Menschen aus Squattersiedlungen zu Wort kommen. Wie Sangita Duby aus Vikas Sagar (Mumbai): "Als wir anfingen konnten wir nicht einmal unsere Häuser verlassen. Wir waren AnalphabetInnen und unterschrieben mit dem Daumen. Jetzt unterschreiben wir mit unserem vollen Namen, in Hindi und Englisch." Dazu Neuwirth: Und sie haben, mit Hilfe ihres gemeinsamen Sparprogramms, eine kleine Bank gegründet, bei der sich jede von ihnen Kredit beschaffen kann. Sie haben ihr Leben und ihre Gemeinschaft verwandelt.
Wie haben sie das geschafft? Indem sie sich organisierten, anstatt zu verzweifeln.

Oder > Jockin Arputham, den Gründer und Präsidenten von > SDI: "Weil wir Ersparnisse haben, brauchen wir nicht PolitikerInnen zu bitten, die Lebensumstände, die wirtschaftliche Lage oder unsere Häuser zu verbessern."

Und er berichtet auch über eine sehr wirksame Methode, die er so nur in der Türkei kennt: Siedlungen ab 2.000 EinwohnerInnen werden politische Rechte zuerkannt. So wurde auch Sultanbeyli, ein ehemaliges Dorf auf der asiatischen Seite von Istanbul, 1989 zur Gemeinde erhoben und 1992 sogar als Bezirk mit erweiterten Selbstverwaltungsrechten ausgerufen. Etwas mehr als zehn Jahre danach zählt die Siedlung 300.000 Menschen.


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Vielleicht sind Erlösungsfantasien auch in der
Praxis einfach nur "beschämend primitiv".

Vgl. Robert Menasse in: > Die Sucht nach dem Schein [Die Presse: Spectrum, 25. Nov. 2006, S If]:
"Erlösungsfantasien sind immer beschämend primitiv und dabei unerträglich kompliziert und dann in der Praxis nur noch kompliziert."

 

Und last but not least berichtet Robert Neuwirth noch über das Selbstvertrauen, dessen es bedarf, um politisch aktiv zu werden und andere zu organisieren. Elocy Kagwiria Murungi, die er in Kibera (Nairobi) traf, kam mittellos an und ist heute Lehrerin in einer Schule für Straßenkinder. Dennoch beschreibt sie sich als Parasitin: "Ich mache das wie eine Laus, wie Läuse das tun. Ich grab mich wo hinein und versuch davon zu leben." Eine Änderung dieser Selbstwahrnehmung ist der Schlüssel, um in den wachsenden Elendsvierteln der Welt etwas voranzubringen.

"Wenn die Menschen eine Eigenständigkeit gegenüber den Mechanismen der modernen Marktwirtschaft behaupten, vermögen sie sich der Krise zu entziehen."
aus: >
Juchitán - Stadt der Frauen, ISBN 3 499 13396 2, S 24