Broukal hat keine Lust,
"verräumt" zu werden


Der "ZiB"-Star Josef Broukal überlegt den vorzeitigen Abgang vom Küniglberg, bestätigt er im Gespräch mit dem Standard. So manchen der kolportierten Kandidaten für die ORF-Führung kenne er "aus leidvoller Erfahrung".

aus: Der Standard, 12. Juli 2001, S 30

Bossing

Die Spielarten des Mobbing machen vor niemandem Halt.

Selbst Größen wie Josef Broukal können davon betroffen sein.

 

Wien - Wenn er von ORF-Aufsichtsräten vernimmt, dass im ORF "Rote in der Vorhand" seien, wird "ZiB"-Moderator Josef Broukal hellhörig. Gering ist seine Lust, "verräumt" zu werden, wenn der ORF unter neuem Stiftungsrat und neuem Generalintendanten weiter schwarz-blau umgefärbt werden. Bereits 2002 könnte er sich nach drei Monaten Karenz in die Frühpension begeben. Eine Klausel in seinem Vertrag ermögliche das, sagt der 54-Jährige.

Der vorzeitige Abgang "ist keineswegs beschlossen", betont Broukal. Nur eine "schöne Option", sich mit ORF-Abfertigung unter den von FP-Klubchef Peter Westenthaler zuletzt scharf kritisierten Konditionen "ohne größeren Schmerz" und "finanziell einigermaßen abgesichert" der Kindererziehung und der einen oder anderen Kolumne zu widmen. "Natürlich" scheine er auf jenen Listen auf, wen die Regierungsparteien nicht so gerne an vorderster Nachrichtenfront sehen.

 Gedanken zur Psychologie der Mobbenden

Derlei Sorgen hat auch Nationalratspräsident Heinz Fischer (SPÖ), der Mittwoch "sorgfältige Beobachtung" des ORF-Umbaus in eine Stiftung ankündigte. Kanzler Wolfgang Schüssel habe sich gegen "unzumutbare Pressionen" gegen ORF-Mitarbeiter verwahrt. Fischer hält dem entgegen, es dürfe "überhaupt keine Pressionen" geben.

In Broukals ORF-Erinnerung kamen Pressionen intern freilich nicht unbedingt von bürgerlicher oder freiheitlicher Seite: "Sehr geschätzt" habe ihn General Gerd Bacher, durchaus positiv sieht er die Haltung des amtierenden Gerhard Weis und des Informationsintendanten Hannes Leopoldseder ihm gegenüber.


"Leben zur Hölle"

Dazwischen führten die Sozialdemokraten Gerhard Zeiler und Andreas Rudas den Küniglberg. Es war in deren Zeit, sagt Broukal, "in der ich mich gefragt habe, wie viele Tage ich noch arbeiten gehen und mich in den Spiegel sehen kann". "Kommentarlos" sei er damals als "ZiB"-Sendungsverantwortlicher "abgesetzt" worden, ebenso nach einem Interview mit Karl-Heinz Grasser (FP), heute Finanzminister, vom "Report". Derlei und "tägliches Mobbing durch Vorgesetzte", die "das Leben zur Hölle" machten, wolle er nicht noch einmal erleben, sagt Broukal, damals "von einem Tag auf den anderen persona non grata."


selbst erlebt ...

Eine Mitarbeiterin buchstabiert mir den Namen eines hierzulande beschäftigten Abgesandten des französischen Mutterkonzerns so, dass ich ihn zu schreiben verstehe. Der Betroffene selbst war anwesend und verbesserte sie bezüglich ihrer Aussprache. Das ging mehrmals so hin und her. Zuletzt meinte sie etwas leiser, aber spürbar zufrieden, wie leicht man auf diese Weise jemand ärgern könne.


Sein Vertrag ermöglichte einer neuen Führung das "Verräumen" durchaus: Dort stehen als mögliche Betätigungsfelder nicht nur die "Moderation qualitativ wertvoller Informationsprogramme" und "Auslandsreportagen", sondern auch die "Administration der ORF-Korrespondenten". Deren "Papierbedarf oder Installationen zu checken" wäre keine echte Perspektive. Unter den kolportierten Namen für die künftige ORF-Führung kennt Broukal manche aus "leidvoller Erfahrung".

Nichts auszusetzen hat Broukal indes am neuen ORF-Gesetz, "das gefällt mir". Der ORF sei "ein so tolles Unternehmen", dass man ihm "eine Hand auf den Rücken binden muss, damit andere eine Chance haben". Wie sich etwa bei Ö3 gezeigt habe. (fid)