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Concordia-Konzepte existieren weiterhin in sogenannten Nischengesellschaften und Alternativkulturen. Ihre Bedeutung und das Interesse an ihnen nehmen in dem Maße zu, in dem das geopolitische Konzept eines Gewalt-Friedens einer einzigen Supermacht immer deutlicher an die Grenzen seiner nationalen Finanzierbarkeit und internationalen Akzeptanz kommt.
Karl A. Kumpfmüller,
Friede oder Ausgleich?
in: Chaos, Hg.: Bechmann/Friedl, Graz: Leykam, 2011, S 155

   



ausgleichend wirtschaften
ist innerhalb selbst gewählter Grenzen immer ein Gebot der Stunde, weil nur dadurch nachhaltiges Wirtschaften (Tauschen) gewährleistet werden kann

Ich gebe euch nur einen Rat, der euch helfen soll; ihr habt ja schon voriges Jahr angefangen, etwas zu unternehmen, und zwar aus eigenem Entschluss. Jetzt sollt ihr das Begonnene zu Ende führen, damit das Ergebnis dem guten Willen entspricht - je nach eurem Besitz. Wenn nämlich der gute Wille da ist, dann ist jeder willkommen mit dem, was er hat, und man fragt nicht nach dem, was er nicht hat. Denn es geht nicht darum, dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft; es geht um einen Ausgleich. Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft. So soll ein Ausgleich entstehen, wie es in der Schrift heißt: Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel, und wer wenig, hatte nicht zu wenig. 2 Kor 8,10-15


Erläuterungen zum Bild siehe unten

Eine Lehre aus der Krise sei ganz sicher, "dass alle erkannt haben, dass eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur nach Branchen und Größen ihren Charme hat", sagt Peter Voithofer.
aus: Zwergenpower gegen die Krise,
Regina Bruckner, in: Der Standard, 9. Mai 2010, 15:58

EZB-Chef Jean-Claude Trichet in einem euronews-Interview im Juli 2009: "Wir müssen danach streben, dass das Auf und Ab nicht mehr so extrem ist. Da sind sich alle auf internationaler Ebene einig. Auch die EZB. So etwas darf nicht noch einmal passieren. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Die Bürger würden so etwas nicht noch einmal verzeihen. Und sie hätten recht."

Bild: SN, 19.5.2011, S 4


Um gerecht zu werden bedarf es allerdings mehr als "nur" jene Grenzen anzuerkennen und zu befolgen, die per Gesetz vorgeschrieben werden. Erst durch den "richtigen Gebrauch der Freiheit" - wie zB durch "selbst gewählte" Grenzen - bringen wir unsere Selbstverantwortung in einer lebendigen Gemeinschaft zum Ausdruck, "denn durch Werke des Gesetzes wird niemand gerecht".

So bringt es auch Frédéric Lenoir in seinem Buch über Die Lebenslehrer "Sokrates Jesus Buddha" (ISBN 978-3-492-27321-3, S 251 f) auf den Punkt: "Wenn der Einzelne sich wandelt und aus freien Stücken zu teilen beginnt, dann nehmen soziale und ökonomische Ungerechtigkeiten mit größerer Gewissheit ab. Die direkten Anhänger, also die Jünger Jesu und die Mönche des Buddha, gaben ein kollektives Beispiel für den Verzicht oder die komplette Aufteilung des Besitzes. Heute spräche man von einem Aufruf an die 'Zivilgesellschaft', also an Einzelne, die sich freiwillig oder ehrenamtlich für den Fortschritt der Gesellschaft engagieren."

   


Bild: Roswitha Dautermann anlässlich der Feierlichkeiten zur Segnung ihres Kunstwerks "Der segnende Christus" am 6. April 2008

St. Anna am Aigen. Als der an dieser Stelle des Kirchplatzes stehende 100jährige Lindenbaum zuletzt keine Blätter mehr produzierte wusste erst niemand, was der eigentliche Grund dafür war. Später wurde dann bemerkt, dass ihm ein Blitzschlag seine Lebensenergie raubte und man entschloss sich, den Baum von Roswitha Dautermann in ein Kunstwerk verwandeln zu lassen. Sie leistete ihre Arbeit mit 3 Motorsägen als Symbol für die heute typische Form des Wirtschaftens. Die Arme der solcherart "erarbeiteten" Christusfigur weisen nun einerseits zur Kirche, also dem geistlichen Anteil unseres Lebens und mit dem linken Arm, sowie den Zeigefinger nach oben weisend zum Gemeindeamt, dem weltlichen Part unseres Seins. Die dunkle, rotbraune Stelle in der Höhe des Solarplexus (Sonnengeflecht) ergab sich aufgrund des Wachstums des Baums "zufällig". Insgesamt ergibt sich somit - den "Zufällen" sei dank - ein verbindendes, ausgleichendes Symbol für diese Eine Welt, in der wir leben (wollen).

 

  Die Reichen spenden am wenigsten (siehe auch: Je reicher, desto selbstsüchtiger)
im Vergleich dazu: Das Opfer einer Witwe (Mk 12,41-44)

   
Eine wichtige Erkenntnis der Studie von Wilkinson und Picket ist, dass uns Einkommensunterschiede innerhalb der eigenen Gesellschaft weit stärker betreffen als unterschiedliche Durchschnittseinkommen im internationalen Vergleich. Für die Gesundheit, das Glücklichsein und andere Aspekte des Wohlergehens ist die Höhe des Durchschnittseinkommens weit weniger entscheidend als die Ungleichheit. Dieser Aspekt unterscheidet die reichen Industrienationen von ärmeren Ländern, wo die wirtschaftliche Prosperität nach wie vor ein sehr wichtiger Faktor für die Befindlichkeit der Menschen ist.
aus: Im reichen Land ist der Reiche arm dran, WOZ, 26.5.2011

 

Schonungslos ehrlich ist Mandeville auch, wenn es um das Los der Armen geht in einer Gesellschaft, wo die Laster die Wohlfahrt garantieren. Zum einen rechnet Mandeville vor, dass die Ärmsten heute ja reich seien im Vergleich zu früheren Zeiten. Was vordem noch Luxus gewesen sei, darüber verfügten jetzt die "gewöhnlichsten und dürftigsten Kerle". Wenn dies noch wie eine dummdreiste Negation der sozialen Frage daherzukommen scheint, so macht Mandeville kurz darauf klar, dass die privaten Laster für die Armen keine Wohlfahrt garantieren. Ähnlich wie schon Peutinger und Poggio hat er kein Interesse an der Aufhebung der Armut - hier wechselt Mandeville ins Arbeitgeberlager: Die Armen sollten nur so viel Geld bekommen, dass sie vorm Verhungern bewahrt würden, denn dann arbeiteten sie mehr und seien für den Fabrikherrn, der seine Ware ins Ausland senden möchte, günstiger. Hier klingt unverkennbar die bis heute virulente Standortkonkurrenz an.

aus: Christoph Fleischmann, Gewinn in alle Ewigkeit, Zürich: Rotpunktverlag, 2010, S 130

Linkhinweise:
Der Fluch der Bienenfabel
Mandeville-Paradoxon
Der unzufriedene Bienenstock, Bernard Mandeville

Es gibt eine Flut von Analysen und Lösungsvorschlägen von ökonomischen Experten zur Zähmung oder Überwindung des herrschenden neoliberalen Kapitalismus. Aber es fehlt noch die trans- und interdisziplinäre Bearbeitung, welche die Einzelforschung der vielen akademischen Disziplinen unter dem Dach der Friedensforschung zu einem Team zusammenführt. Das wäre Friedensforschung auf neuen Wegen zu einer neuen Marktlogik, zu einem anderen Kapitalismus, oder zu einer utopischen universalistischen Sozialdemokratie.

Gerald Mader, in:
Die Utopie einer Welt ohne Krieg,
Wiener Zeitung extra, 11./12. September 2010, S 2

Richard Wilkinson im Zeit-Interview "Die Mittelklasse irrt":

Wir haben Dutzende Studien ausgewertet, sie sprechen alle dieselbe Sprache: Massive Ungleichheit macht eine Gesellschaft ganz generell dysfunktionaler. Ohne Ausnahme.


Die WOZ-Geschichte "Viele Gärtner, kein Garten" anlässlich der Krawalle in Athen vom Frühjahr 2010 macht eines sehr deutlich: In ökonomischer Hinsicht benötigen wir dauerhafte und regional wie überregional wirkende Strukturen, die die individuellen Entwicklungschancen ebenso fördern wie den nötigen Freiraum für produktivitätsfördernde Innovationen.

Leben wollen!
Nicht: Leben müssen,

weil die Flüsse des Geldes nicht auch jene Teile dieses blauen Planeten begrünen, die - aus welchen Gründen auch immer - bis dato nicht so begünstigt waren hinsichtlich Ressourcenreichtum, politisch-demokratischer oder wirtschaftlicher Entwicklung und daher allzu empfänglich sind für Übervorteilung.

Der gesellschaftliche Druck auf die Einzelnen, den Zug in Richtung Wohlstand zu versäumen ist verständlicherweise viel zu groß, als dass sich diesem die meisten Menschen entziehen können. Hilfe zur Selbsthilfe, wie sie beispielsweise durch das ASI (Asian Social Institute) angeboten wird, ist dabei - bisweilen leider - nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bleibt zu hoffen, dass die Kräfte des Ausgleichs stärker wachsen als die ihrer Gegenspieler. Doch dazu bedarf es noch entsprechender Strukturen, Angebote und deren rege Nachfrage.

Elmar Altvater:

Die Beschleunigung in der Zeit und die Expansion im Raum ist freilich ein extrem ungleicher Prozess. Trotz hohen Wachstums in allen Weltregionen ist das Sozialprodukt pro Kopf im Jahre 1990 in 20% der nicht-amerikanischen Welt niedriger als 1950. Wachstum ist also keineswegs ein Synonym für Fortschritt, für mehr Gleichheit und Gerechtigkeit in der Welt.

Linkhinweise:

Liste der Länder nach Einkommensverteilung gereiht

Generation Praktikum

... über die Ursprünge des Pesachfestes

Der weibliche Aspekt der Gottheit

Jesus und Buddha. Ein Patt: "... beschreibt Dupuis seinen Vier-Stufen-Weg so: 'Evangelisieren heißt zuallererst, christliches Zeugnis ablegen. Zweitens heißt es, sich für Gerechtigkeit und die Befreiung der Menschen von ungerechten Praktiken einzusetzen. An dritter Stelle folgt der interreligiöse Dialog und schließlich - das heißt in der Reihenfolge der Prioritäten erst an vierter Stelle - kommt die Verkündigung.'"

ksoe: Stellungnahme vom 14. Mai 2008 zum Begutachtungsentwurf über die Einführung einer bundesweiten bedarfsorientierten Mindestsicherung

Muslim Jewish Conference

 



Die Notwendigkeit eines Ausgleichs im Sinne des eingangs erwähnten Zitates aus dem 2. Korintherbrief ergibt sich ganz offensichtlich auch aus der (von der Technik forcierten) Unkultur der Finanzmärkte, Tendenzen zu verstärken. Ob Blasenbildung oder Zahlenimplosion, beide Richtungen sind nicht gerade förderlich, wenn es um Krisenvermeidung geht - zum Wohle des Vertrauens zwischen den Marktteilnehmenden.

Bild unten: ökoenergie, Nr. 86, März 2012, S 8


Der Einzelne braucht alle anderen, um seine Identität und Individualität entwickeln zu können.
In einer solchen Gesellschaft würde sich der Einzelne nicht als "Ich" definieren, das sich von anderen abgrenzt, sondern durch den Beitrag, den er zum Gelingen des Ganzen leisten kann. Genau dieses ist im Menschen angelegt, nach etwas zu suchen, was ihn mit anderen verbindet. Das kann man Gemeinsinn nennen oder auf einer höheren Ebene Sinnsuche: Suche nach dem gemeinsamen übergeordneten Sinn, der verbindet.
Da kommt man schnell in Bereiche, wo Menschen sich mit etwas verbinden, was größer ist als sie. In den Religionen ist das passiert. Allerdings verlieren diese ihre Spiritualität, sobald sie selbst Herrschaftsstrukturen ausbilden. Dann wird die spirituelle Bewegung zur Religion, die dem Einzelnen nicht genug Freiheit lässt.
Der Mensch ist nur gleichzeitig frei und verbunden, wenn er noch spirituell unterwegs ist und noch nicht in einer institutionalisierten Bewegung verbunden ist, die man dann Religion nennt. Ein Mindestgrad an Institutionalisierung ist nötig, aber eine, die von den Menschen immer wieder neu gelebt wird - und nicht Strukturen, die sich aus sich selbst nähren und nur mehr um des Verwaltens und Herrschens willen existieren. Dann besteht der Sinn des Verwaltungsapparats darin, dass er den Verwaltungsapparat erhält.

Gerald Hüther, in: Das Hirn will verbunden sein und frei, SN, 21.5.2011, S 13

   

 Was macht, daß Strom und Meer vermögen,
König zu sein den hundert Flußtälern?
Weil sie gut sind im Niedrigsein,
Darum vermögen sie,
König zu sein den hundert Flußtälern.
(Kap 66 § 158)

Deshalb:
Wer dem Volk will über sein,
Stellt sich in seinem Wort ihm unter.
Wer dem Volk voran sein will,
Stellt sich mit seinem Selbst dahinter!
(Kap 66 § 159)

Aus dem Heiligen Buch vom Weg und von der Tugend
[Tao-Tê-King]

Wer etwas tut, zerstört es;
Wer etwas festhält, verliert es.
(Kap 64 § 153)

Deshalb, der Heilige Mensch
Ist ohne Tun und darum ohne Zerstörung,
Ist ohne Festhalten und darum ohne Verlust.
Das Volk jedoch, wenn es ein Werk verfolgt,
Zerstört es ständig, wenns beinah vollendet ist.
Gib acht auf das Ende wie das Beginnen,
So kann dein Werk dir nicht mißlingen!
(Kap 64 § 154)

Deshalb, der Heilige Mensch
Begehrt, nicht zu begehren;
Schätzt schwer erlangbare Güter nicht;
Lernt, nicht zu lernen;
Kehrt sich zu dem, woran die Menge vorübergeht.
So stützt er der zehntausend Wesen natürliches Weben,
Aber wagt nicht zu tun.
(Kap 64 § 155)

Wohl! Ich habe drei Kostbarkeiten,
Die ich mir halte und hüte.
Die erste heißt: Barmherzigkeit;
Die zweite heißt: Mäßigkeit;
Die dritte heißt: Nicht wagen, dem Reich voranzugehen.

Barmherzigkeit - darum vermag ich, mutig zu sein;
Mäßig - darum vermag ich, großzügig zu sein;
Nicht wagend, dem Reich voranzugehn -
Darum vermag ich, Leiter zu sein den 'Geräten'.

Doch heutzutage ist man mutig
Unter Verzicht auf Barmherzigkeit;
Ist man großzügig unter Verzicht auf Mäßigkeit;
Geht man voran unter Verzicht auf Zurückstehn -
Das wird zum Tode führen!
(Kap 67 § 162)

entnommen aus:
Lao-tse, Tao-Tê-King, Stuttgart: Reclam, 1999, S 93, S 95 und S 96