Trau keinem unter 45
      
      ... Mich begeistert ein Experiment, das nun in Dänemark
      schon bald ein Jahr lang läuft - noch dazu erfolgreich:
      In Taastrup am Rande von Kopenhagen beschloss eine Supermarkt-Kette,
      ausschließlich Leute über 45 einzustellen. Das taten
      die Dänen dabei nicht aus Mitleid oder sonstigen sozialen
      Regungen.
      Sie vermuteten ganz einfach, daß bei den reiferen Damen
      und Herren die Bereitschaft zur Dienstleistung und damit deren
      Qualität höher sei und stellten nur mehr Mitarbeiter
      zwischen 46 und 70 ein.
      Alter schützt vor Leistung nicht: Die Oldies kümmerten
      sich um ihre Kunden so, daß die das auch den Nachbarn erzählten.
      Weitere Filialen mit demselben Konzept mußten und konnten
      eröffnet werden und Nachahmer inserieren bereits auf der
      Suche nach service-sensiblen Senioren.
      Während andernorts oder andernlandes mit Frühpensionierungs-Angeboten
      Pensionslücken zu Schluchten erweitert werden, in denen
      Milliarden versickern, nutzt man hier gar nicht ohne Eigennutz
      die Qualitäten der reiferen Jahre. Eine von ihnen scheint
      die Kunst des Dienens zu sein.
      Sie ist wohl mindestens so schwer zu lernen wie die Kunst
      des Führens. Ein Lehrbuch dazu kann ich allerdings empfehlen.
      Es gehört zu den wertvollsten Kostbarkeiten der Weltliteratur
      und wird als Insel-Büchlein glücklicherweise immer
      wieder neu aufgelegt: "Die Augen des ewigen Bruders"
      von Stefan Zweig.
      Wie Virata, der große Führer, Richter und Minister,
      seine Erfüllung im Dienen findet, sollte Pflichtlektüre
      für Manager und solche, die´s künftig werden
      wollen, sein.